Dr. Markwart Herzog an einem Stehtisch, darauf ein Projektor und ein Laptop. Im Hintergrund ist das Bild erkennbar, das der Projektor "wirft", darauf in Schwarz-Weiß links ein Mann, rechts Schrift, nicht zu lesen. Rechts hinter Herzog im Anschnitt der Altar mit brennenden Kerzen. (Credit: Bernd Löser, Frankfurt am Main)

FSV Frankfurt: Geschichte des Vereins erlebbar machen

Die ganz großen Zeiten des FSV Frankfurt sind vorbei. Nicht erst, seitdem der Verein 2017 in der viertklassigen Regionalliga verschwunden ist – und dort seitdem festhängt. Von der nationalen Spitze trennen die Bornheimer heute Welten. Doch das war einmal anders und der FSV hatte die Nase sogar vor der Eintracht.

Endspiel um die Deutsche Meisterschaft

Die richtig großen Erfolge liegen jedoch einhundert Jahre zurück. Damals waren die Blauschwarzen eine der besten Mannschaften des Landes. Ihr Ruf als eines der hervorragendsten Teams war nicht nur im Deutschen Reich, sondern auch weit über die Grenzen hinaus bekannt. Wenn der FSV spielte, pilgerten Tausende Menschen an die Seckbacher Landstraße. Die Bornheimer zogen die Fans in ihren Bann und begeisterten die Massen.

Ein prächtiger Altar gesäumt von Kirchenfenstern, davor eine Leinwand, auf der die Übersicht eines Vortrags zu lesen ist, mittig davor im Bild Markwart Herzog an einem Stehtisch mit Projektor und Laptop. (Credit: Bernd Löser, Frankfurt a. M.)
Fußball ist doch irgendwie auch (eine) Religion. (Foto: Bernd Löser, Frankfurt a. M.)

1925 erreichten die Blauschwarzen das Endspiel um die Deutsche Meisterschaft. Dort unterlagen sie dem 1. FC Nürnberg erst in der Verlängerung knapp mit 1:0. Ein Erfolg, der bis heute in den Geschichtsbüchern manifestiert ist und an den in den letzten Wochen mit einer Ausstellung erinnert wurde. Diese zeichnet den Weg der Mannschaft bis ins Finale nach. Detailliert ausgearbeitete Tafeln gehen auf die Spiele ein, erzählen Anekdoten und stellen herausragende Spieler vor.

Das Leben von Dr. David Rothschild

Eine liebevoll gestaltete Arbeit, die die Geschichtsgruppe der Fan- und Förderabteilung auf die Beine gestellt hat und zwei Wochen lang in der Frankfurt-Bornheimer Johanniskirche präsentiert wurde. Sie holt die damaligen Protagonisten aus der Vergessenheit und rückt sie wieder ins verdiente Licht. Im Zuge der intensiven Recherche zu der fast-meisterlichen Saison wurden sogar Nachfahren der damaligen Spieler ausfindig gemacht und gesprochen. Dabei tauchten auch bisher unbekannte Erinnerungstücke auf, die zusammen mit einigen anderen Dingen – unter anderem einem Trikot aus der damaligen Saison – in einer Vitrine ausgestellt wurden.

Abgerundet wurde die Ausstellung, die in den letzten Wochen von über 300 Menschen besucht wurde, durch einen Vortrag von Markwart Herzog über Dr. David Rothschild. Rothschild war eine der prägendsten Persönlichkeiten der 1920er Jahre. Herzog recherchierte in den letzten Monaten interessante Details zu dessen Leben und präsentierte diese zum Abschluss der Veranstaltung vor etwa 50 Anwesenden.

In dem Vortrag ging es um das sehr bewegende Leben eines Mannes, der den FSV für einige Jahre prägte und auf professionellere Wege führte. Er hatte mitunter streitbare Ansichten und Eigenschaften, hinterließ aber in der Geschichte des Vereins, der Stadt und der Region tiefe Spuren. Diese waren, wie so oft, in Vergessenheit geraten, wurden vom Historiker Herzog jedoch fein säuberlich und detailliert ausfindig gemacht, zusammengetragen und vervollständigt. Besonders beachtlich ist, dass in diesem Zuge heute weit verstreuten Familienteile ausfindig gemacht wurden. Ein spannender Vortrag, der mit seinem umfangreichen Inhalt die Ausstellung perfekt abrundete.

Engagierte Fans als Aushängeschild

In der Unschärfe im Bildhintergrund Teile eines Altars, davor ein Mann mit Sakko, im Vordergrund Franziska Blendin, sie überreicht einem neben stehenden Mann ein Mikro, vor den beiden ein Stehtisch mit Projektor und Laptop. (Credit: Bernd Löser, Frankfurt a. M.)
Der FSV Frankfurt lebt von einer engagierten Fanszene. (Foto: Bernd Löser, Frankfurt a. M.)

Es ist beachtlich, was die kleine ehrenamtliche Gruppe von FSV-Fans hier auf die Beine gestellt hat. Und es ist nach der zu 125 Jahren FSV Frankfurt bereits die zweite, die realisiert wurde. Ein außergewöhnlicher Beweis für gelebte Vereins- und Fankultur sowie das stete Bewusstsein für die eigene Vereinsgeschichte. Und es zeigt, dass aus vermeintlich wenig viel gemacht werden kann, wenn man sich intensiv mit Themen beschäftigt. Oftmals sind es eben nicht die großen Titel und Pokale, die spannend sind.

Ein Bewusstsein, das allerdings noch wenig in die Führungsetage des Vereins vorgedrungen ist. Statt dieses Engagement wertzuschätzen und zu honorieren, wird die Gruppe weitestgehend mit Nichtbeachtung gestraft und man führt lieber den eingeschlagenen Weg einer vermeintlich professionellen Vereinsführung fort. Die engagierte Fanszene des FSV ist zwar klein und überschaubar, aber ohne Frage das einzige Element, das den Verein noch ausmacht und ihm Anziehungskraft verleiht. Ohne diese kleine treue Truppe wäre der FSV Frankfurt nur einer von vielen Vereinen.

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Nils Friedrich begleitet den 1. FSV Mainz 05 seit 25 Jahren durch alle Höhen und Tiefen. Er hat die Fanszene in vielerlei Hinsicht maßgeblich geprägt und widmet sich seit einigen Jahren intensiv der Geschichte und Historie des Vereins. Seine Recherchen fließen in das „Es war einmal…“-Fanzine ein. Nicht wenige bezeichnen ihn deshalb als Vereins-Historiker. Er selbst sieht sich jedoch eher als Fan, der den Verein noch einmal ganz neu kennenlernen möchte – und dabei gerne auch über den eigenen vereinshistorischen Tellerrand hinausschaut.

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