
Dallmann zaubert und das Weserstadion feiert: Deutschland – Niederlande 4:0 (3:0)
Am Freitagabend traf Deutschland am vorletzten Spieltag der Nations League vor 32.398 Zuschauer*innen auf die Niederlande und zeigte im Bremer Weserstadion rund einen Monat vor der EM eine überzeugende Leistung gegen geschwächte Gegnerinnen.
Vor der Partie hatte Bundestrainer Christian Wück auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gesagt, dass er mit dem deutschen Nationalteam in den letzten Tagen vor allem taktisch gearbeitet habe. Das konnte man von Anfang an sehen. In der Innenverteidigung begannen Rebecca Knaak und Janina Minge, links spielte Sarai Linder, rechts Kapitänin Giulia Gwinn, die vor der Partie als Nationalspielerin des Jahres ausgezeichnet wurde. Im Mittelfeld starteten Elisa Senß, Sjoeke Nüsken und Linda Dallmann auf der Zehn. Klara Bühl und Jule Brand starteten auf den Flügeln, im Sturm stand Lea Schüller.
Andries Jonker, der Trainer der Niederländerinnen, musste auf drei wichtige Spielerinnen verzichten, denn Stamm-Torhüterin Daphne van Domselaar und die beiden Angreiferinnen Vivianne Miedema und Lineth Beerensteyn standen für das Spiel verletzungsbedingt nicht zur Verfügung. Auch das machte sich in der Partie deutlich bemerkbar.
Die DFB-Elf begann mit Anpfiff druckvoll, auffälligste Spielerin der Partie war Linda Dallmann, die sich viel bewegte und immer wieder für kurze Abstände sowohl im Pressing, als auch im Spielaufbau sorgte. Das Passspiel war vor allem in der ersten Hälfte scharf und direkt, mit klar erkennbaren Abläufen. So kamen beispielsweise beide offensive Flügelspielerinnen immer wieder ins Zentrum gerückt, um für Überzahl zu sorgen, während Linder und Gwinn die Breite des Platzes ausnutzen und eine Seite frei zum Anspiel war.
Nach Ballgewinn zündete Dallmann immer wieder den Turbo und suchte dann den Pass in die Schnittstelle, die Niederländerinnen hatten dem nur wenig entgegenzusetzen, sie erzeugten kaum Pressingdruck und zwischen Abwehr und Mittelfeld klaffte immer wieder eine Lücke. Deshalb fühlte es sich nach nur neun Minuten folgerichtig an, dass Deutschland durch Dallmann mit 1:0 in Führung ging und in der 25. Minute das 2:0 nachlegte. Dominique Janssen war sichtlich frustriert und das deutsche Nationalteam hatte merklich Spaß am eigenen Spiel, kam zu vielen Angriffen aus dem Umschaltspiel und Eckstößen.
Kurz vor dem Pausenpfiff erzielte Sarai Linder das 3:0, als der Ball gerade eigentlich harmlos in der Abwehrreihe Deutschlands war, positionierte sie sich wie eine Stoßstürmerin, Janina Minge schlug den Ball lang und präzise auf ihre Wolfsburger Mitspielerin.
Nach der Pause reagierte Jonker mit gleich drei Wechseln, brachte Lynn Wilms, Sherida Spitse und Victoria Pelova für Kerstin Casparij, Damaris Egurrola und Esmée Brugts. In der Folge davon war das Spiel mit Blick auf die gesamte zweite Halbzeit deshalb ausgeglichener, trotzdem legte zunächst Lea Schüller noch das 4:0 nach und wieder war Linda Dallmann im Vorlauf involviert, dieses Mal schickte sie mit einem Hacken-Kurzpass auf dem rechten Flügel Giulia Gwinn an die Grundlinie zur Flanke, die wiederum den Kopf von Schüller fand (48.). Da war das Raunen über den Hackentrick im Stadion noch gar nicht ganz verklungen.
Danach kamen auch die Niederlande im Gegensatz zu weiten Teilen der ersten Hälfte hin und wieder vor das deutsche Tor und Deutschland ging etwas der Druck verloren. Auch Wück nahm im Laufe der Halbzeit mehrere Wechsel vor, so kamen Kathrin Hendrich und Giovanna Hoffmann für Janina Minge und Lea Schüller (56.), später auch Sara Däbritz und Selina Cerci für Senß und Bühl (67). Hoffmann spielte in der 79. Minute einen starken Pass in den Lauf von Brand, deren Ballannahme aber einem klaren Abschluss im Weg stand. Direkt danach folgte in der 80. Minute ein weiterer positionsgetreuer Wechsel durch die Hereinnahme von Carlotta Wamser für Giulia Gwinn.
Durch die schwache Leistung der Niederländerinnen auch aufgrund der genannten Ausfälle muss man das Spiel mit einem leichten Fragezeichen versehen, insgesamt trat die DFB-Elf aber sehr überzeugend auf. Besonders das Mittelfeld-Trio aus Nüsken, Senß und Dallmann harmonierte gut miteinander und Klara Bühl hatte eine sehr starke erste Hälfte. In der Innenverteidigung wurden Minge und Knaak defensiv nicht so richtig geprüft, im Spielaufbau ging es häufig von Berger flach über die rechte Seite mit Minge, aber auch Knaak hatte gute Szenen durch ihr genaues Kopfballspiel, mit dem sie mehrfach Bälle abfing und genau in den Fuß ihrer Mitspielerinnen vor sich köpfte, sodass diese direkt wieder aufdrehen konnten.
Entscheidend wird sein, ob all das auch dann so gut funktioniert, wenn der DFB-Elf weniger Platz und Zeit gelassen wird und vor allem auch eine wirklich gefährliche gegnerische Offensive auf dem Platz steht. Insgesamt macht der Auftakt in die Wochen bis zur EM aber sehr viel Lust auf mehr.
Vielleicht inspirieren ja die vorangegangenen Generationen: In der Halbzeitpause waren einige der Europameisterinnen der Jahre 1995 und 2005 auf dem Rasen und wurden für ihre Erfolge mit einem kurzen Film und Trikots geehrt. Etwas schade, dass diese Ehrung nicht auch direkt vor dem Spiel ausgeführt wurde, denn so gab es auch Applaus, aber die Aufmerksamkeit auch im Fernsehen (wo dies nicht zu sehen war) wäre dann noch mal eine andere gewesen.
Beitragsbild: IMAGO/HMB-Media