
Melchie Dumornay bringt Lyon gegen Arsenal den Sieg im CL-Halbfinal-Hinspiel
Im ersten Champions-League-Halbfinal-Hinspiel empfing Arsenal im Emirates Stadium die Rekord-Titelträgerinnen von Olympique Lyon und ärgerte sich am Ende über die eigene In-Effizienz. Spielbericht.
Arsenal – Lyon: Vor dem Spiel
Vor dem Spiel ging es vor allem um die beiden Trainer*innen. Lyons Coach Joe Montemurro trainierte Arsenal zwischen 2017 und 2021 und führte sein Ex-Team im Jahr 2019 zum damals ersten Ligatitel seit sieben Jahren. Dabei konnte er noch nicht auf die heutigen Ressourcen zurückgreifen, laut dem Guardian wurde am Ende seiner Amtszeit nach einer internen Überprüfung beschlossen, das Investment in die Frauenabteilung deutlich zu erhöhen. Sein Gegenüber Renée Slegers kennt er, weil er bei einem UEFA-Programm für Trainer*innen ihr Mentor war, wie sie auf Nachfrage selbst erzählte. Medial geisterte daraufhin eine Art Obi-Wan-Kenobi-Narrativ durch die britische Vorberichterstattung und zum Teil auch die britische Übertragung.
Obi-Wan-Kenobi vs. taktische Freiräume
Interessant ist der strategisch-taktische Vergleich zwischen beiden Klubs, denn während Lyon auf internationaler Bühne unter allen Trainer*innen der jüngeren Vergangenheit vor allem über gute Organisation, defensive Stabilität und schnelle Konter kommt, setzt Arsenal auf einen spielerisch-offensiven Ansatz.
Auf ihre eigene Philosophie angesprochen, sagte Slegers vor der Partie: „Rahmen und Struktur sind wichtig, um kreativ zu sein und Kreativität ist in meiner Vorstellung von Fußball wichtig. Das macht unberechenbar, denn wenn wir alle sehr strukturiert und auf unseren Positionen sind, ist jedes gute Team in der Lage, das zu verteidigen. Ich bin zufrieden mit den Schritten, die wir bisher gemacht haben. Es sind die Spielerinnen, die neue Dinge ins Spiel bringen, und wir geben ihnen die Freiheit, sich auszudrücken.“
Die Aufstellungen
Für Arsenal konnte Renée Slegers auf Alessia Russo in der Startelf zählen, Chloe Kelly war allerdings nur fit genug für die Bank, beide hatten sich in der Länderspielpause vorher beim englischen Nationalteam verletzt. Manuela Zinsberger startete im Tor für die ebenfalls verletzte Daphne van Domselaar.
Nachdem Olympique Lyons Trainer Joe Montemurro beim Ligaspiel am vergangenen Wochenende kräftig rotiert hatte, kehrte er zu einer ähnlichen Aufstellung wie im Viertelfinal-Rückspiel gegen Bayern zurück. Allerdings mit Lindsey Heaps (früher Horan) und Daniëlle van de Donk im Mittelfeld anstelle von Dzsenifer Marozsán, die genauso auf der Bank saß wie Sara Däbritz. Außerdem nahm mit Wendie Renard die langjährige Abwehrchefin aufgrund einer Verletzung ebenfalls nur auf der Bank Platz. Für sie rückte die 21-jährige Alice Sombath neben Vanessa Gilles in die Innenverteidigung.
Die erste Halbzeit
Arsenal startete aktiver in die Partie und lief Lyons letzte Kette früh an, aber die erste große Chance hatte Olympique: Selma Bacha prüfte Zinsberger mit einem kräftigen Distanzschuss (6.), den die Österreicherin abwehren konnte, aber prallen ließ. Van de Donk reagierte am schnellsten, setzte ihren Nachschuss aber neben das Tor. Auf der anderen Seite versuchte es Frida Maanum ebenfalls aus der Distanz (9.).

Lyons Spielerinnen jubeln über das 1:0 durch Diani. Foto: IMAGO/Sportimage.
Das Spiel verlief hauptsächlich im Mittelfeld, mit Arsenal auf dem Weg in Richtung Lyons Tor, aber ohne echte Gefahr. Deshalb kam das Gegentor aus dem Nichts: Diani war nämlich in der 17. Minute nach einem Steilpass von Heaps frei durch und schob den Ball flach an Zinsberger vorbei ins lange Eck. Das Tor zählte zunächst wegen einer vermeintlichen Abseitsstellung nicht, aber ein VAR-Check korrigierte diese Fehlentscheidung – ein merklicher Dämpfer für Arsenal und das Publikum im Stadion, Lyon gewann jetzt deutlich an Spielkontrolle.
Kopfbälle am Tor vorbei
Frida Maanum war für Arsenal in der 29. Minute diejenige, der nach Kopfballverlängerung von Beth Mead mal wieder ein Abschluss gelang. Auch wenn Maanums Kopfball aus kurzer Distanz knapp vorbei ging, zeigte sich in dieser Szene das Fehlen von Wendie Renard.
Lyon lauerte allerdings auf Konter – und auf Fehler. Melchie Dumornay setzte in der 33. Minute nach Ballgewinn auf dem linken Flügel einen Schuss aus ca. 30 Metern über die noch weit vorm Tor stehende Zinsberger an die Latte. Kurz vor der Pause bekam Beth Mead einen Freistoß rechts neben dem Strafraum Lyons zugesprochen, die Flanke von McCabe setzte Russo mit dem Kopf an die Latte.
Insgesamt ließ sich nach der ersten Halbzeit festhalten, dass Arsenal das spielerisch gefälligere Team war, während Lyon auf den Geschwindigkeitsvorteil des Offensivtrios Kadidiatou Diani, Melchie Dumornay und Tabitha Chawinga gegenüber der Arsenal-Defensive setzte und sich meist auf eine gute Organisation beim Verteidigen berufen konnte. So hatte Arsenal zwar etwas mehr Ballbesitz, aber Lyon mehr und bessere Torchancen.
Die zweite Halbzeit
Nach Wiederanpfiff kam Arsenal mit sehr viel Feuer aus der Kabine und hatte früh eine große Doppelchance: Russos Schuss aus der Distanz wurde abgefälscht und landete bei Caitlin Foord, deren Versuch Endler abwehren konnte. Russo bekam einen zweiten Versuch, der aber vor der Linie geklärt werden konnte. Direkt im Anschluss startete Lyon einen Konter über Dumornay, die aber gestoppt werden konnte. Ab dieser Szene startete Arsenals wildeste Drangphase und Lyon wackelte.
In der 58. Minute konnte Mead ihren Kopfball nicht mehr auf das Tor bringen und in der 61. war es erneut Frida Maanum, die (aus einer Abseitsposition) einen Kopfball am Tor vorbei setzte. Sie und Beth Mead wurden danach ausgewechselt, es kamen Chloe Kelly und Stina Blackstenius.
Bei Lyon sah auch die ehemalige Welttorhüterin Christiane Endler jetzt nicht mehr in jeder Situation sicher aus, so hatte sie einmal beim Herauskommen großes Glück und flog in der zweiten Halbzeit mehrfach unter Ecken-Flanken hindurch. Montemurro reagierte darauf, dass Lyon kaum noch aus der eigenen Hälfte herauskam und brachte Amel Majri für van de Donk.
Ausgleich für Arsenal – und erneuter Rückstand
In der 74. Minute flog Endler erneut unter einem Ball hindurch und streifte mit ihrer Faust den Hinterkopf von Leah Williamson, die Schiedsrichterin ließ weiterspielen, durch den VAR gab es aber Elfmeter für Arsenal – eine sehr harte Entscheidung. Mariona Caldentey verlud Endler in der 78. Minute und erzielte den 1:1-Ausgleich.

Arsenal schien sich sicher, dass es nur noch um den eigenen Führungstreffer geht und schaltete in einer zunächst harmlosen Situation komplett ab: Lyon spielte über Gilles und Heaps ausnahmsweise mal zentral von hinten heraus nach vorn, zur gerade eingewechselten Hegerberg. Sie legte direkt quer zu Amel Majri, die mit einem Steilpass Dumornay in ein ungleiches Laufduell schickte. Die 21-jährige Haitianerin erzielte in der 82. Minute mit der erneuten Führung für Lyon ihr wettbewerbsübergreifend 21. Saisontor.
Die Schiedsrichterin hatte aufgrund der langen VAR-Unterbrechung fünf Minuten Nachspielzeit gegeben und in der sechsten zeigte sich Christiane Endler nochmals, als sie einen langen Arsenal-Ball in die Spitze locker wegköpfte. Arsenal hatte sich in der zweiten Hälfte gesteigert und auch ein Chancenplus herausgespielt, aber Lyon nutzte die eigenen Situationen mit gewohnter Konsequenz und hat trotz des knappen Ergebnisses nun sehr gute Voraussetzungen, zum zwölften Mal in ein Champions-League-Finale einzuziehen.
Beitragsbild: IMAGO/MAXPPP