Türchen 6: Jacqueline Meißner – Teamleaderin
Hinter Türchen Nummer sechs geht es um Jacqueline Meißner, die im April ihr 250. Bundesligaspiel absolvierte. Die Kapitänin der SGS Essen ist das verbindende Element ihres Teams.
Nach der umjubelten Saison 2023/24 läuft es für die SGS in dieser Spielzeit nicht so rund, beides hat viele verschiedene Gründe, auf die ich hier jetzt gar nicht alle eingehen möchte. Einer davon ist aber sicherlich das Glück bzw. Pech mit Verletzungen und wie sich diese dann auswirken auf ein Team, das vielleicht noch mehr als alle anderen über eben diesen Teamcharakter kommt.
Da eine einzelne Spielerin herauszugreifen ist ein bisschen schwierig, aber Jacqueline Meißner steht als Kapitänin einerseits stellvertretend für alle anderen und andererseits ist da eben diese Marke von inzwischen mehr als 250 Bundesligaspielen in einer Liga, die aus zwölf Vereinen besteht und trotz gleichzeitiger Arbeit im Familienbetrieb, das darf man schon mal feiern.
Dass sie dauerhaft im Fußball landen würde, war gar nicht immer klar. Die heute 30-jährige aus Dortmund spielte als Kind neben Fußball auch Volleyball, trainiert von ihrer Oma. Vielleicht auch wegen dieses Hintergrundes wurde sie im Fußball bei den Bambinis zunächst im Tor eingesetzt. Eine Verletzung am Finger sorgte dann für die Entscheidung pro Fußball, zunächst bei der SG Lütgendortmund in der Regionalliga. 2011 folgte dann der Wechsel zur SGS Essen, gemeinsam mit ihrer Teamkollegin Isabelle Wolf.
Der Durchbruch war aber auch das noch nicht. „Ich war noch nicht so selbstbewusst wie heute und konnte mich nur schwer integrieren. Hinzu kam eine Schilddrüsenerkrankung“, so Meißner gegenüber der WAZ, „Ich war lustlos, hatte keinen Bock mehr und überlegte aufzuhören.“
Aber Markus Högner, auch damals schon Trainer der Essenerinnen in seiner ersten Amtszeit bei der SGS, war überzeugt von ihr, beide Seiten einigten sich auf einen Einjahresvertrag – und seitdem ist Meißner bei der SGS nicht mehr wegzudenken, entwickelte sich erst zur Stammspielerin und wurde später Kapitänin.
In dieser Spielzeit konnte sie durch eine zwischenzeitliche Verletzung nicht so viel mitwirken wie sonst, auch einige andere Spielerinnen fehlten zum Teil parallel, zum Beispiel die linke Verteidigerin Lena Ostermeier. Bei beiden bemerkte man im Stadion deutlich den Unterschied, als sie wieder mitspielen konnten. Einerseits durch ihre Erfahrung und Ruhe in einem traditionell sehr jungen Team, andererseits aber auch durch ihre spielerische Klasse.
Meißner ist sehr schnell und beweglich und setzt ihre Sprints sowohl defensiv wie offensiv sein. In der Abwehr läuft sie Bälle ab oder schiebt sich geschickt im letzten Moment vor ihre Gegenspielerinnen, um einen Pass abzufangen. Nicht selten ist sie deshalb auch diejenige, die einen Torschuss gerade so noch abblocken kann.
Offensiv läuft sie sowohl mit als auch ohne Ball schon mal bis an den gegnerischen Strafraum durch, wenn sich eine Gelegenheit dazu ergibt, kurbelt also nicht nur mit Pässen den Spielaufbau an, was für Überzahl auf der SGS-Seite und Unordnung auf der anderen Seite sorgen kann. Auch in dem Bereich hat sie durch ihre Geschwindigkeit einen Vorteil, weil sie schnell genug wieder nach hinten kommen kann.
Mindestens die versammelten Bundestrainer*innen auf der Tribüne im Stadion an der Hafenstraße waren sich in der vergangenen Saison wegen all dem einig, dass eine Einladung des DFB nicht unangebracht gewesen wäre, wenn man Verletzungen und Form anderer Spielerinnen berücksichtigt. Dass es nach Meißners letztem Länderspiel im Jahr 2018 noch einmal dazu kommt, ist unwahrscheinlich. Aber die 300 Bundesliga-Spiele möchte sie noch vollmachen. Ich würde sagen: Locker.
Beitragsbild: IMAGO/frontalvision.com