Türchen 5: Marta und Barbra Banda – Sturmduo
Hinter Türchen Nummer fünf haben sich zwei gesucht und gefunden. Marta und Barbra Banda haben zusammen mit Orlando Pride die NWSL gewonnen, das Sturmduo gibt auch neben dem Platz gegen alle Widrigkeiten ein gutes Team ab.
„Man muss hart trainieren, um Barbra hinterherrennen zu können!“, scherzte Marta Anfang Oktober, kurz bevor Orlando das NWSL Shield gewann. Die 38-jährige Marta wurde von ihrem Trainer Seb Hines in dieser Saison nicht als offensive Mittelfeldspielerin hinter der 24-jährigen Banda eingesetzt, sondern neben ihr. Zusammen haben beide inklusive der Playoffs 28 Tore und acht Vorlagen erreicht.
Für beide sind Shield und Championship die ersten NWSL-Titel. Während Marta seit 2017 für Orlando in der 2012 gegründeten Liga spielt, wechselte Sambias Nationalspielerin Barbra Banda im März 2024 zu Pride. Sportlich verbindet beide eine ähnliche Herangehensweise, in anderen Bereichen ergänzen sie sich fast perfekt. Für Gegenspielerinnen und gegnerische Fans kann es gegen zwei so ehrgeizige, technisch versierte, schnelle und kämpferische Spielerinnen frustrierend sein und sicher ist da auch mal die ein oder andere Nickeligkeit dabei. Als Fußballfan geht mir bei den Kombinationen zwischen den beiden und auch ihren Einzelaktionen das Herz auf.
Noch schöner ist es aber, den Umgang der beiden miteinander in Interviews zu sehen. Beide wurden während der Saison mehrfach auf den Altersunterschied zwischen ihnen angesprochen oder Fragen so formuliert, als müsse die afrikanische Fußballerin Banda doch garantiert trotz aller Tore erstmal von der Ikone Marta lernen. Beide negieren die Unterschiede zwischen sich nicht, Banda bezeichnet Marta als Idol und diese erzählt umgekehrt, sie erkläre Banda hin und wieder ein paar Dinge im Training.
Gleichzeitig stellen beide zwischen sich aber auch immer wieder Augenhöhe her, Banda mache ihr das Fußballspielen wirklich verdammt einfach, da könne man als Mitspielerin ja nur gut aussehen, so Marta. Andersherum habe ich Banda noch nie so gelöst gesehen, wie wenn sie die brasilianische Nationalspielerin lachend in den Arm knufft.
Ich verfolge Banda so gut es geht seit den Olympischen Spielen in Tokio, ihre Tore damals haben mich wie so viele andere beeindruckt. Weil sie in China spielte, habe ich sie bis zu ihrem Wechsel in die USA fast immer nur im Kontext des sambischen Nationalteams erlebt. Gegen Nationaltrainer Bruce Mwape gibt es seit langer Zeit verschiedenste Vorwürfe sexualisierter Gewalt, gegen welche die verschiedenen Verbände nicht richtig vorgehen. Ich habe hier vor den Olympischen Spielen in diesem Jahr ausführlicher darüber geschrieben.
Es ist nicht klar, welche Spielerinnen sich in der Vergangenheit anonym gegen Mwape äußerten, es deutet aber eben vieles daraufhin, dass sambische Nationalteam für Spielerinnen kein gesunder Ort ist, um es diplomatisch auszudrücken. Dazu kommt, dass Banda als cis Athletin in ihrer Karriere schon mehrfach rassistisch und gleichzeitig TIAN*-feindlich öffentlich unter Druck gesetzt wurde, aktuell so öffentlichkeitswirksam wie nie zuvor durch J. K. Rowling. Banda war in einem öffentlichen Voting zur BBC-Fußballerin des Jahres gewählt worden.
Meg Linehan macht zu diesen Attacken für The Athletic viele gute Punkte, die sich einerseits an Medien, andererseits an die NWSL als Liga richten, deren Reaktion auf das alles doch sehr gemächlich war. Wem wollen wir zuhören (oder eine Bühne bieten): denjenigen, die wiederholt nur Hass und faktisch falsche Aussagen verbreiten oder denjenigen, die nicht zugespitzt populistisch sind, aber die Betroffenen unterstützen? Und welche konkreten proaktiven Mittel kann es geben, um Athlet*innen zu schützen, wenn sich die Angriffe selbst nicht verhindern lassen, sondern nur ihre Auswirkungen möglichst eingrenzen?
Es gibt nichts auf der Welt, das fundamentale körperliche oder verbale Übergriffe „wiedergutmachen“ kann, das ist völlig klar. Gleichzeitig rührt es mich besonders, wenn diese beiden Ausnahmefußballerinnen miteinander völlig in einem Element sind, egal, ob sie gerade eine Abwehr komplett auseinandernehmen oder am Mikro von ihrem Team und ihren gegenseitigen Stärken schwärmen.
Beitragsbild: IMAGO/Imagn Images