Türchen 3: Livia Peng – Zwischen Risiko und Gegentor
Hinter dem dritten Adventskalender-Türchen verbirgt sich Torfrau Livia Peng von Werder Bremen. Jedes Mal, wenn sie einen Pass spielt, setzt mein Herz einmal aus. Keineswegs aus Angst vor einem Fehlpass – vielmehr in gespannter Erwartung, was sie denn nun auspacken wird.
Seit anderthalb Jahren ist Peng Torhüterin bei Werder Bremen, der Konkurrenzkampf um die Nummer Eins dauerte nur kurz. Durchgesetzt hat sie sich gegen die kolumbianische Stamm- und WM-Torhüterin Catalina Pérez, die es im Sommer 2023 mit ihrem Nationalteam bis ins Viertelfinale schaffte. Ein ganz schöner Coup der Werder-Transferabteilung: Die starke Anneke Borbe hatte sich gerade auf nach Wolfsburg gemacht, auch Lena Pauels und Sarah-Lisa Dübel verließen den Verein, es war trotz Hannah Etzold als vielversprechender Nachwuchs-Torhüterin Bedarf da. Und der SVW? Verpflichtete locker mal zwei Nationaltorhüterinnen, von denen eine bis ins WM-Viertelfinale gekommen war.
Wie also hat Peng es geschafft, sich gegen Pérez durchzusetzen? Nun ja, zum einen ist da das Verletzungspech der Kolumbianerin. Von der Weltmeisterschaft 2023 kam sie angeschlagen zurück, Anfang dieses Jahres riss sie sich das Kreuzband, nur einen Monat nach ihrer Genesung verletzte sie sich am Meniskus und fehlt jetzt schon seit Juli. Gleichzeitig überzeugt Peng mit ihrer Stärke auf der Linie, aber auch in der Spieleröffnung – und natürlich durch ihre absolute Risikobereitschaft.
Nicht selten kommt es vor, dass sie einen Pass nur haarscharf an den Füßen einer im Sechzehnmeterraum anlaufenden Stürmerin vorbeispielt, worauf ein lautes Schnappen nach Luft an Platz 11 oder in der Ostkurve des Weserstadions folgt. Wenn ich an diese Highlightspiele im wohl schönsten Stadion der Republik denke, sehe ich immer wieder Livia Peng, die beim 3:0 gegen Köln ständig Meßmer, Wiankowska und Beck… nennen wir es mal „austrickste“. Wie oft ich schon völlig panisch und beeindruckt zugleich „PENG?!“ gerufen und dabei meine Hände gen Himmel gestreckt oder vor meine Augen gehalten habe! Peng reißt einfach mit.
Livia Peng: auffällig weit vorm Tor
Sie hat damit in meinen Augen übrigens auch ein Alleinstellungsmerkmal in der Bundesliga. An starken Torhüterinnen mangelt es keineswegs, Stina Johannes, Merle Frohms, Sophia Winkler, Rafaela Borggräfe, Jasmin Janning – nur um einige zu nennen. Aber diese Risikobereitschaft, so weit vor dem Tor zu stehen, wie Peng es teilweise tut, so riskante Bälle zu spielen, das fällt bei keiner zweiten so sehr auf wie bei der 22-Jährigen.
Und doch schafft sie es nicht, sich den Platz zwischen den Pfosten der Schweizer Nati zu sichern. Den hat Pia Sundhage an die Leipzigerin Elvira Herzog gegeben. Beide standen in allen zehn bisherigen Ligaspielen über die volle Distanz im Tor, Werder zählt zwölf, Leipzig 18 Gegentore. Zum direkten Duell im September dieses Jahres war Nati-Torhüterinnentrainerin Nadine Angerer extra nach Leipzig gereist, die die Partie mit 2:0 gewannen. Die Entscheidung für Herzog ist letzten Endes wohl eine für Sicherheit, für Erwartbarkeit.
Schade, wie ich finde. Ich würde Peng und ihr aufregendes Torhüterinnenspiel gern öfter auf größerer Bühne sehen. Nicht nur aus Bremer Sympathie heraus.
Übrigens: Meine beste Freundin dreht sich tatsächlich immer weg, wenn sie am Ball ist. Ihr gefällt die schmale Balance zwischen Risiko und Gegentor nicht ganz so gut.
Beitragsbild: IMAGO/foto2press
@news Klasse Artikel.
#Werder
Toller Artikel über eine tolle Spielerin bzw. Torfrau 😊
Hab heute den Kalender hier entdeckt. Voll cool! Vielen Dank.
Und ich werd demnächst mal darauf achten, wie weit Pen vorm Tor steht 😉