Svenja Huth lachend in eine grün-weiße Decke gehüllt an der Bande bei den Fans, um Autogramme zu geben

Türchen 2: Svenja Huth – Queere Elternschaft

Hinter dem zweiten Adventskalender-Türchen geht es um Svenja Huth, sie hatte ein bewegtes Jahr und sprach sehr bewusst öffentlich über den Adoptionsprozess ihres eigenen Kindes.

Ich habe an dieser Stelle schon einmal über das Thema geschrieben. Svenja Huth wurde im September 2023 Mutter, sie und ihre Frau Laura Huth sind durch die Anwendung der ROPA-Methode beide die leiblichen Eltern ihres Kindes. In Deutschland ist diese spezielle Art der In-vitro-Fertilisation (IVF) verboten, in Spanien, wo das Paar die Methode anwenden ließ, jedoch nicht.

„Das bedeutet, dass mir Eizellen entnommen wurden und meine Eizelle dann befruchtet wurde. Und befruchtet dann letztlich bei Laura eingesetzt wurde und wir dementsprechend dann beide verbunden sind“, sagte Svenja Huth dazu in der ersten Folge der zweiten Staffel der TV-Doku-Serie „Born for this“.

Dadurch, wie das deutsche Abstammungsrecht bisher geregelt ist, wurde Huth aber nicht automatisch als gesetzliches Elternteil des Kindes eingetragen, sondern musste ihr eigenes leibliches Kind selbst adoptieren, der Prozess ist seit Mitte Februar nach anderthalb Jahren abgeschlossen.

Svenja Huth am Ball, läuft auf die Kamera zu, Blick nach unten auf den Rasen vor ihr, sie trägt die Pride-Kapitäninnen-Binde am Arm.
Svenja Huth im Spiel gegen die SGS Essen am 20. Oktober 2024. Foto: IMAGO/Kirchner-Media.

Wie genau das für sie und ihre Familie ablief, machte Svenja Huth u.a. deswegen öffentlich, weil sie den vielen anderen betroffenen Familien durch ihre Plattform eine Stimme geben und die Thematik hinweisen wollte. Verknüpft mit Forderungen an die Politik.

So ist das Abstammungsrecht bisher geregelt

In Deutschland wird bei Ehen zwischen Frau und Mann dieser automatisch als der gesetzliche Vater festgelegt, selbst wenn er z.B. durch Samenspende nicht der genetische Vater des Kindes ist. Mutter ist automatisch die Frau, die innerhalb einer Ehe ein Kind auf die Welt gebracht hat, selbst wenn dieses genetisch z.B. durch eine Eizellspende nicht von ihr abstammt.

Das Abstammungsrecht wurde seit der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe 2017 nicht verändert. Organisationen wie der LSVD kritisieren das: „Das geltende Abstammungsrecht verwehrt Kindern aus Regenbogenfamilien den zweiten Elternteil. Es diskriminiert zudem weibliche, trans*, inter* und nicht-binäre Personen als Elternteile.“

Neben der Tatsache, dass das Gesetz die modernen Mittel der Medizin nur für heterosexuell verheiratete Paare berücksichtigt, sind Kinder wie das der Familie Huth bis zum Abschluss des Adoptionsprozesses nur durch ein Elternteil rechtlich geschützt.

Außerdem gibt es Auswirkungen auf den Alltag. Zum Beispiel konnte Svenja Huth bis zur abgeschlossenen Adoption keine Unterlagen als Erziehungsberechtigte unterschreiben und musste im Verlauf sehr viele sehr persönliche Fragen beantworten, das alles hat sie in diesem Reel beschrieben.

Politisch kein Vorankommen

Es gibt mehrere Klagen gegen die nötige Adoption. Eine durch ein lesbisches Ehepaar wies der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Mitte November 2024 zurück, das Privat- und Familienleben des klagenden Paares sei nicht wesentlich beeinträchtigt. Sechs ähnliche Fälle (€) werden noch vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt und höchstwahrscheinlich wird es auf eine Gerichtsentscheidung ankommen, damit sich in absehbarer etwas verändert.

Die aktuelle Bundesregierung hatte sich eigentlich zum Ziel gesetzt, das Abstammungsrecht zu ändern, das sollte ursprünglich mal bis Mitte 2023 passiert sein, einen Gesetzesentwurf legte Ex-Justizminister Marco Buschmann (FDP) aber erst im September 2024 vor. Sowieso schon viel zu spät und durch den Koalitionsbruch wie so viele Dinge nicht mehr umsetzbar.

Wer sich einmal die Kommentare unter einer beliebigen Meldung zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs durchliest, merkt schnell, dass es keine Kleinigkeit ist, sich selbst und die eigene Familie öffentlich hinter dieses Thema zu stellen. Auch gegen Svenja Huth und ihre Familie gab es Anfang des Jahres in den sozialen Medien homofeindliche Hasskommentare, der DFB reagierte.

Für Huth persönlich war dieses Jahr bemerkenswert, auch weil die sportliche Entscheidung folgte, aus der Nationalelf zurückzutreten, sie wolle nach all dem endlich mehr Zeit mit der Familie.

Für ihren Verein VfL Wolfsburg ist sie aber munter wie eh und je unterwegs und sprüht in ihrer zentralen Rolle geradezu vor Energie.

Beitragsbild: IMAGO/Eibner

Written by 

Annika Becker berichtet als Journalistin unter anderem für OneFootball und sportschau.de über die Bundesliga der Frauen. In ihren Kolumnen für web.de beleuchtet sie die strukturellen Themen im Fußball. Seit 2022 gehört sie zur Jury des Guardian für die Wahl der „100 Best Female Footballers In The World“. Becker ist Teil der Crew von „FRÜF – Frauen reden über Fußball“, ansonsten podcastet sie bei der „Halbfeldflanke“ und ist als Expertin zum Beispiel im DLF oder bei der BBC zu hören. Für den Rasenfunk war sie bei der WM 2023 in Australien. An den Wochenenden findet man sie auch privat meist im Stadion, denn Beckers Fußball-Herz schlägt für zwei Ruhrgebietsvereine: den FC Schalke 04 und die SGS Essen.

2 thoughts on “Türchen 2: Svenja Huth – Queere Elternschaft”

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert