Maren Meinert, Christian Wück und Saskia Bartusiak stehen nebeneinander und schauen lächelnd in die Kamera. Meinert und Bartusiak haben ihren Arm hinter Wück, Wück hat seinerseits die Arme um die Frauen gelegt. Im Hintergrund eine Raumflucht. (Credit: Thomas Böcker/DFB)

Drei für den DFB: Wück, Meinert, Bartusiak

Für einen Moment wirkt es wie Absicht, als bei der Vorstellung des neuen Nationaltrainers Christian Wück am DFB-Campus am Freitagnachmittag im Medienraum das Licht ausgeht. Als sei das eine Kino-Vorstellung, bei der die Dunkelheit im Saal den Fokus auf das Licht der Leinwand lenkt. Die tatsächliche Erklärung ist simpler, im Raum hat sich jemand gegen den Schalter gelehnt.

DFB-Geschäftsführer Andreas Rettig scherzt über die Haustechnik, bevor er an den Dank in Richtung Horst Hrubesch und Thomas Nörenberg überraschend final anschließt, er müsse deutlich sagen, dass damit „die Ära Horst Hrubesch beim DFB beendet“ sei. Anders verhält sich das bei Britta Carlson, die dem Verband innerhalb ihres fortbestehenden Vertrages im Bereich Nachwuchsförderung sowie an der Nahtstelle zu anderen Verbänden weiterhin zur Verfügung stehen wird.

Nia Künzer sitzt auf ihrer Vorstellungs-Pressekonferenz vor der Sponsorenwand hinter ihrem Mikro. (Credit: IMAGO/Schüler)
Christian Wück ist Nia Künzers erste Personalentscheidung. (Archivfoto: IMAGO/Hartenfelser)

Alsdann lobt Rettig seine Sportdirektorin Nia Künzer für deren Verhandlungsgeschickt mit dem „im Markt sehr begehrten“ Wück. „Christian hat gezeigt, dass er Titel gewinnen kann“, verweist diese auf Wücks Erfolge mit der U17. „Mich hat überzeugt, dass er Spieler weiterentwickeln kann, das Beste aus den Spielern rausholt und sie zu einem Team formt, das im Turnier bestehen kann.“ Es gehe nun um eine Weiterentwicklung, fußballerisch wie persönlich, wobei weitere Spielerinnen aus dem Übergangsbereich herangeführt werden sollten.

Plädoyer: Der nächste Schritt braucht Zeit

Wichtig sei ihr, zu betonen, es ist ein „Trainer*innen-Team“ – in Kombination nämlich mit Maren Meinert und Saskia Bartusiak. Meinert lobt die Sportdirektorin als „eine erfolgreiche Trainerin, im Übergangsbereich vielleicht die erfolgreichste“. Sie wisse, worauf es ankomme, wenn man oben mitspielen wolle. Bartusiak, „auf hohem Niveau“ als Spielerin erfolgreich, bringe als Analystin viel ein ins Team. Im Verbund müssten die drei Neuen die Spielerinnen nun schnell Richtung Euro 2025 vorbereiten.

Wück betont seine Freude darüber, das Vertrauen für die Aufgabe erhalten zu haben. Die Unterschiede zwischen dem Fußball der Männer und dem der Frauen sehe er als gar nicht besonders groß an, man dürfe nur nicht den Fehler des Vergleichens machen. In Sachen Weiterentwicklung gehe es um „Details“. Sei ein gewisses Level erreicht, brauche es Zeit für den nächsten Schritt, erklärte er. Den strebten sie nun im Verbund an.

Ob bei diesem nächsten Schritt auch Führungsspielerinnen wie Alexandra Popp oder Marina Hegering dabei sein werden, wollte sich der Neue nicht entlocken lassen. Er habe schon mit einigen „Spielern“ gesprochen, das sei aber nicht abgeschlossen. Sprach’s und verriet dann, in seiner Arbeit seien ihm Vertrauen und Zutrauen besonders wichtig. Befragt nach einer Einschätzung zu seiner Torhüterin erklärte Wück noch, er sehe mit Ann-Katrin Berger und Merle Frohms zwei Nummer Einsen.

Ann-Katrin Berger mit einem schwarzen Hoodie, auf dem "GERMANY" steht, um den Hals die Bronzemedaille. Sie trägt eine Kappe, hat die Hände locker in den Hosentaschen und strahlt. Hinter ihr im Bild weitere Spielerinnen des DFB-Teams. (Credit: IMAGO/Eibner)
Ann-Katrin Berger ist für Wück eine von zwei Nummer Einsen im Tor. (Credit: IMAGO/Eibner)

Eine extrem höfliche Veranstaltung, alles in allem, bei der die Protagonist*innen bemüht schienen, einen positiven Eindruck zu hinterlassen. Es hat ja eine gewisse Tradition beim DFB, eher über-zu-betonen, wie wunderbar alles gerade ist. Und Andreas Rettig lobt gern, manchmal sich selbst, manchmal auch seine Mitarbeitenden. Ob der dienstälteste DFB-Trainer Wück wirklich die absolute Wunschlösung der Verantwortlichen war, während die Schweiz Veteranin Pia Sundhage und die USA Erfolgstrainerin Emma Hayes verpflichteten, wer will das von außen beurteilen können.

Wück: Angeworben via WhatsApp

Es spielt nun, da die Drei ihre Arbeit aufnehmen, auch keine Rolle. Entscheidender ist da der Blick auf das, was sie über ihre gestartete Kollaboration sagen. Und glücklicherweise gibt es nach der förmlichen Runde vor laufenden Kameras die Gelegenheit, dazu mehr zu erfahren: Im Nachgang der offiziellen Pressekonferenz sprechen die Neuen in lockerer Runde vor den anwesenden Journalist*innen.

Wück erzählt dabei unprätentiös von der WhatsApp, mit der ihn Andreas Rettig in sein Büro bat. Dort erwarteten ihn der DFB-Geschäftsführer samt Sportdirektorin Nia Künzer mit ihrer Idee, ihn zum Nationaltrainer zu machen. Nach einer Nacht Bedenkzeit habe er zugesagt und direkt eine Anforderung formuliert: Er wollte zwei erfahrene Nationalspielerinnen an seiner Seite. Mit Meinert und Bartusiak erfüllt ihm der DFB diesen Wunsch und Wück betont seine Überzeugung, sie könnten im Dreierteam viel voneinander lernen.

Meinert, als Spielerin dreimal Europa- und einmal Weltmeisterin, verbindet mit der jetzigen DFB-Elf der Gewinn der Bronzemedaille, in ihrem Fall bei den Olympischen Spielen in Sydney 2000. Sie gehörte zu den europäischen Spielerinnen, die in die erste Profiliga der Frauen, die 2001 in den USA gestartete WUSA, wechselte. In deren letztem Jahr war sie 2003 die „Most Valuable Player“, als zweite Europäerin nach Marinette Pichon. Für den DFB war Meinert bereits von 2005 bis 2019 als Trainerin der weiblichen U-Teams aktiv und gewann in dieser Zeit mit der U20 zweimal den WM- und mit der U19 dreimal den EM-Titel.

Leitplanken und ganz viel Freiheit

Bartusiak hat nicht nur im Vereinsfußball alles gewonnen, sondern mit der Nationalelf auch eine Weltmeisterinnenschaft, zwei EM-Titel, die Olympische Bronzemedaille 2008 sowie Gold 2016 gefeiert. Die 1982 geborene Frankfurterin ist knapp zehn Jahre jünger als Wück und Meinert (beide Jahrgang 1973), eine Mischung, die sicher Vorteile hat. Bartusiak ist studierte Sportwissenschaftlerin und hat zuletzt beim DFB in der Scouting- und Analyseabteilung gearbeitet. Zwischen den Zeilen klingt an, dass ihre Entscheidung, diese Komfortzone zu verlassen, einen Moment gebraucht hat. Sie sei nun aber froh, dass sie sich von Künzer habe begeistern lassen.

Zu ihren gemeinsamen Ideen für das Nationalteam formulieren die Drei an diesem Tag natürlich nur Ausschnitte, die machen aber durchaus neugierig. Wück betont, er halte nichts davon, einem Team zu viele Vorgaben zu machen, sondern glaube daran, Leitplanken zu entwickeln, innerhalb derer die Spielerinnen viele Freiheiten genießen. Wie schon in seinen bisherigen Staffs habe jede Co-Trainerin einen Schwerpunkt: Meinert die Arbeit mit den offensiven, Bartusiak mit den defensiven Spielerinnen.

Links Saskia Bartusiak im roten Shirt mit DFB-Adler, in der Hand ein Kamerastativ, rechts Maren Meinert im grauen Shirt mit DFB-Adler, um den Hals eine längere Kette. Es sind zwei nebeneinandergeschnittene Fotos. (Credit: IMAGO/Hartenfelser & PA Images)
Zwei altbekannte Neue für die DFB-Frauen: Bartusiak und Meinert. (Credit: IMAGO/Hartenfelser & PA Images)

Natürlich sei mit einer deutschen Nationalelf das Ziel immer, Titel zu holen, sagt Meinert unumwunden. Dieses Vorhaben formulierten aber auch andere Nationen und letztlich sei ihre Aufgabe, mit und aus diesem Team das Beste herauszuholen. Bartusiak betont die Bedeutung einer guten, kontinuierlichen Kommunikation mit den Vereinen, die schließlich im Alltag die Spieler ausbildeten. Als zentrale Aufgabe formuliert Wück, den Spielerinnen den Glauben daran zu vermitteln, dass Titel für sie möglich sind.

Ziel: Mehr als die Summe der Teile

Unabhängig davon, ob die eine oder andere Führungsfigur womöglich aufhören wird, will Bartusiak nicht von einem Umbruch sprechen, da immer Spielerinnen nachwachsen. Eine besondere Bedeutung komme da dem Übergangsbereich zu. Um den und die Verbindung dahin zu stärken, wird es zwischen der U20-WM derzeit in Kolumbien und der Euro in der Schweiz ein U23-Turnier geben. Meinert betont dazu, wie wichtig die Gelegenheit sei, Spielerinnen in einem solchen Umfeld beobachten und kennenlernen zu können.

Es sei, erklären die beiden, aus ihrer Sicht nicht sinnvoll, als Trainerin in eine solche Aufgabe ein zu festes gedankliches Korsett mitzubringen. Eher gehe es um individuelle Arbeit mit den Spielerinnen und darum, ein Gespür dafür zu entwickeln, wer was einbringen kann.

Diese Bereitschaft und Überzeugung, dem Team zu vermitteln, dass es gerade mit Freiheit und Eigenverantwortung mehr sein kann als die Summe der Einzelteile, klang bei allen drei Trainer*innen an diesem Nachmittag immer wieder an. Es wäre ein deutlich anderer Ansatz als der, den vor Interimstrainer Horst Hrubesch über viele Jahre Martina Voss-Tecklenburg vertreten hat. Den Spielerinnen Raum zu geben, in den sie hineinwachsen können, scheint absolut sinnvoll, zumal sie es durch die Strukturen im Fußball der Frauen ohnehin gewohnt sind, Verantwortung zu tragen. Es wird spannend, zu erleben, wie dieses Team in der nahen Zukunft damit umgeht – und welche Entwicklungen mit diesem Ansatz möglich sind.

Beitragsbild: Thomas Böcker/DFB

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Mara Pfeiffer begleitet als Journalistin seit vielen Jahren den 1. FSV Mainz 05 mit Analysen und Kolumnen. In TV- & Radio ist sie als Expertin rund um Fußballthemen auf und neben dem Platz zu Gast. Sie gehört zur Crew von „FRÜF – Frauen reden über Fußball“. Für Sport1 spricht Pfeiffer im Podcast „Flutlicht an!“ mit Menschen über Fußball, die zu wenig im Rampenlicht stehen. In ihrer web.de-Kolumne schreibt sie über gesellschaftliche Schieflagen und wie diese sich im Fußball wiederspiegeln. Sie ist Mitglied der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur und Autorin von neun Büchern, darunter Sachbücher und Krimis rund um Mainz 05, sowie die Biografie von Wolfgang Frank. Das Medium Magazin wählte Pfeiffer bei den Journalist*innen des Jahres im Sport 2022 auf Platz 3.

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