Bruce Mwape, ein Schwarzer Mann Mitte sechzig, schaut ernst links an der Kamera vorbei. Er trägt eine schwarze Winterjacke, hinter ihm ist die Überdachung der Trainerbank zu sehen.

Bruce Mwape darf trotz FIFA-Untersuchung zu Olympia

Content Warnings: sexualisierter Gewalt, Übergriffigkeit, Vergew*ltigung.

Laut einem Bericht des Guardian darf Sambias Trainer des Nationalteams der Frauen, Bruce Mwape, zu den olympischen Spielen reisen, hat dafür aber Auflagen erhalten. So soll es ihm verboten sein, privaten Kontakt zu den Spielerinnen aufzunehmen. Einzelgespräche seien zudem nur an öffentlichen Orten erlaubt. Der Hintergrund ist, dass es bereits mehrfach Vorwürfe gegen Bruce Mwape gab und nach wie vor eine Ermittlung der FIFA gegen ihn läuft.

Mwape soll bei einem Training während der vergangenen Weltmeisterschaft mit seinen Händen über die Brust einer Spielerin „gerieben“ haben, laut einer anonymen Quelle aus dem Umfeld des Teams sollen das zum damaligen Zeitpunkt mehrere Spielerinnen gesehen haben. Die Vorwürfe wurden nach dem Turnier der FIFA gemeldet und durch diese eine Untersuchung gestartet. Diese Untersuchung wurde von der FIFA bis heute nicht offiziell abgeschlossen.

Im Mai dieses Jahres kam, erneut durch die Berichterstattung des Guardian, ein weiterer Vorwurf gegen Bruce Mwape aus der Zeit der WM ans Licht. Eine Auftragnehmerin der FIFA schilderte dort anonym einen ähnlichen Übergriff, der sich nur wenige Tage nach dem gegenüber der Spielerin ereignet haben soll. Die FIFA-Auftragnehmerin habe diesen gegenüber dem Weltverband gemeldet, der sambische Fußballverband (FAZ) wurde ebenfalls in Kenntnis gesetzt. Trotz dieser offiziellen Beschwerde gegenüber der FIFA geschah nichts weiter.

Erste Weiterleitung einer Beschwerde an die FIFA im September 2022

Auch das ist aber noch nicht alles. Bereits im September 2022 wurden Vorwürfe der sexualisierten Gewalt gegen Bruce Mwape von der FAZ an die FIFA weitergeleitet. Wieder war es der Guardian, der darüber berichtete. Anfang Juli 2023 noch vor der WM wurde eine Spielerin dort anonym so zitiert: „Wenn er [Mwape] mit jemandem schlafen will, muss man ja sagen. Es ist normal, dass der Trainer mit den Spielerinnen unserer Mannschaft schläft.“

Das IOC sagte auf Nachfrage im Mai, man wolle „das Ergebnis dieses Falles aufmerksam verfolgen wird, um es im Hinblick auf die Olympischen Spiele zu prüfen.“ Es wird spekuliert, dass Mwapes Antrag auf ein Visum zur Einreise nach Frankreich während der olympischen Spiele zunächst abgelehnt worden sei. Nach französischer Gesetzgebung kann ein Visum unter anderem dann verweigert werden, wenn es gegen die Antrag-stellende Person juristische Vorwürfe der sexualisierten Gewalt gibt. Diese Entscheidung sei dann – unter den vermuteten Auflagen – revidiert worden. Mwape reiste erst einige Tage nach den Spielerinnen Sambias nach Frankreich. Die FAZ soll darauf bestanden haben, dass es zu spät sei, Mwape zu ersetzen.

Schutzmaßnahmen sind wichtig – aber wo sind die Konsequenzen?

Auch während Olympia ist die FIFA offiziell für den Schutz der Spieler*innen zuständig, die an den beiden Fußballturnieren teilnehmen. Laut IOC gäbe es deshalb in Abstimmung mit der FIFA ein Sicherheitsprogramm an Schutzmaßnahmen, eine spezifische Anlaufstelle sowie ein Meldeverfahren. Etwas genauere Informationen dazu gibt es hier.

Angesichts dessen, wie lange Mwape trotz mehrfacher, der FIFA vorliegender Beschwerden noch im Amt sein kann, ohne dass von Seiten des Weltverbandes erkennbare Schritte unternommen wurden, bleiben aber viele Fragen offen. Denn der Nationalverband FAZ scheint nicht an einer Auflösung der Situation für die Spielerinnen interessiert.

„Der Verband drückt ein Auge zu, weil die Frauen gute Ergebnisse erzielt haben. Auf diese Weise wollen sie der Öffentlichkeit und den Behörden Erfolge und ein gutes Image vorweisen. Aber hinter den Kulissen ist es sehr hässlich“, so eine anonyme Quelle schon vor der WM im letzten Sommer.

Beitragsbild: IMAGO/Newscom World

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Annika Becker berichtet als Journalistin unter anderem für OneFootball und sportschau.de über die Bundesliga der Frauen. In ihren Kolumnen für web.de beleuchtet sie die strukturellen Themen im Fußball. Seit 2022 gehört sie zur Jury des Guardian für die Wahl der „100 Best Female Footballers In The World“. Becker ist Teil der Crew von „FRÜF – Frauen reden über Fußball“, ansonsten podcastet sie bei der „Halbfeldflanke“ und ist als Expertin zum Beispiel im DLF oder bei der BBC zu hören. Für den Rasenfunk war sie bei der WM 2023 in Australien. An den Wochenenden findet man sie auch privat meist im Stadion, denn Beckers Fußball-Herz schlägt für zwei Ruhrgebietsvereine: den FC Schalke 04 und die SGS Essen.

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