Eine alte Schwarz-Weiß-Aufnahme. Elf Fußballerinnen, in der hinteren sechs stehend, in der vorderen fünf hockend, rechts hinten neben den Frauen der Trainer im Wollmantel. Die Spielerinnen tragen kurze weiße Hosen und Oberteile mit dem Logo von Mainz 05. Credit: Archiv Marion Deufel

Spielerin in den 1970ern: Lehre oder Fußball

Im Rückblick, sagt Marianne Hartel, sei da schon Bedauern. Darüber, nicht in einer Zeit im Fußball aktiv gewesen zu sein, in der es ihr möglich gewesen wäre, den Sport vielleicht sogar zum Beruf zu machen. Obwohl das ja auch heute keine Selbstverständlichkeit sei, wie die 69-Jährige sofort einschränkt. Aber ganz damit aufzuhören, das habe ihr schon sehr wehgetan, erzählt die ehemalige Spielerin von Mainz 05.

Die Mädchen und Frauen antworten damals, im Herbst 1970, auf eine Zeitungsannonce. Kurz bevor der DFB für die im Verband organisierten Vereine das Verbot aufhebt, Abteilungen für Frauenfußball und entsprechende Teams zu führen, sucht Mainz 05 nach weiblichen Fußballinteressierten. Beim Treffen an der alten Baracke sei die Aufregung groß gewesen, erinnert sich Hartel schmunzelnd.

Als Mädchen in Englands Straßen gekickt

Ein alter Zeitungsausschnitt in Schwarz-Weiß. Elf Fußballerinnen, in der hinteren sechs stehend, in der vorderen fünf hockend, rechts hinten neben den Frauen der Trainer im Wollmantel. Die Spielerinnen tragen kurze weiße Hosen und Oberteile mit dem Logo von Mainz 05. Darunter steht: "Das sind die Fußball-Amazonen des FSV Mainz 05, die gegen Dorn-Dürkheim mit 3:1 siegten. Wir erkennen Betreuer Planz, Marion Deufel, Adams, Tobe, Kissinger, Monika Deufel, M. Schmoll, S. Schmoll, G. Schmoll, Schöppner, Biewend und Wolf." Credit: Archiv Marion Deufel

„Das Besondere war die Gemeinschaft zwischen uns Frauen“, sagt Marianne Hartel (geborene Tobe, hintere Reihe, dritte von links) über die Zeit bei Mainz 05.

Sie selbst hat das Kicken als Mädchen in den Straßen Englands mit gleichaltrigen Buben gelernt, erzählt sie. Kurz nach der Geburt der Tochter 1954 war die Familie mit den zwei Kindern auf die Insel gezogen, der Vater stammte aus dem Norden Londons. Mit ihm, dem glühenden Fan von West Ham, entwickelt sich die Fußballbegeisterung der Tochter. Das jüngste Kind wird in England geboren, kurz darauf kehrt die Familie nach Deutschland zurück.

Der Vater sei sehr froh und stolz gewesen über seine Fußball spielende Tochter, erzählt Hartel und ihre Augen leuchten. Nicht zufrieden mit der kickenden Angestellten? Die Chefin des Betriebes, in dem die junge Frau ihre Ausbildung macht. Als sie sich in einem Spiel verletzt, stellt die sie vor die Wahl: Fußball – oder Ausbildung. Es sei damals, erzählt die 05-Anhängerin, keine echte Wahl gewesen: Auch die Eltern pochen auf die Ausbildung. Andere Zeiten. Sie fügt sich. Fan ist Hartel heute mehr denn je, aber was hätte sein könne, darüber denkt sie noch heute manchmal nach.

Written by 

Mara Pfeiffer begleitet als Journalistin seit vielen Jahren den 1. FSV Mainz 05 mit Analysen und Kolumnen. In TV- & Radio ist sie als Expertin rund um Fußballthemen auf und neben dem Platz zu Gast. Sie gehört zur Crew von „FRÜF – Frauen reden über Fußball“. Für Sport1 spricht Pfeiffer im Podcast „Flutlicht an!“ mit Menschen über Fußball, die zu wenig im Rampenlicht stehen. In ihrer web.de-Kolumne schreibt sie über gesellschaftliche Schieflagen und wie diese sich im Fußball wiederspiegeln. Sie ist Mitglied der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur und Autorin von neun Büchern, darunter Sachbücher und Krimis rund um Mainz 05, sowie die Biografie von Wolfgang Frank. Das Medium Magazin wählte Pfeiffer bei den Journalist*innen des Jahres im Sport 2022 auf Platz 3.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert