Almuth Schult: Als Mama im Fußball
Wie sich die ehemalige Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg, zu Beginn der 1990er Jahre noch Martina Voss, als Alleinerziehende zwischen Fußball, Elternschaft und Brotjob herumschlug, das hatten selbst viele am Fußball der Frauen interessierte Menschen lange nicht auf dem Schirm. Es war in Deutschland Almuth Schult, die mit der Rückkehr ins Tor des VfL Wolfsburg und des Nationalteams nach der Geburt ihrer Zwillinge das Thema Mutterschaft und Profisport sehr stark in die Öffentlichkeit gebracht hat. Zum Glück. Nun ist Schult nach der Geburt ihres dritten Kindes erneut in den Vereinsfußball zurückgekehrt, zum HSV in die 2. Liga.
„Ich bin auf der Autobahn rechts rangefahren und habe sie gefüttert.“
Martina-Voss Tecklenburg im Podcast FE:male view on Football
Herausforderungen wie diese sind keine Privatsache. Ohne verlässliche Regeln war es für Mütter häufig schlicht nicht vorstellbar, Elternschaft und Sport zu vereinen. Es fehlten Rahmenbedingungen und Vorbilder. Letztere gibt es zuletzt mehr und mehr, in Sachen verbindlicher Regelungen hat die Spieler*innengewerkschaft FIFPRO extrem viel bewegt. Denn nicht überall garantiert nationale Gesetzgebung entsprechende Rechte.
In ihrer Kolumne für web.de hat Mara darüber geschrieben, wie Almuth Schult auch dadurch, wie sie über ihre unterschiedlichen Rollen – und welche Herausforderungen damit einhergehen, sie zu vereinbaren –, öffentlich spricht, zu einer wichtigen Vorreiterin geworden ist. Daraufhin hat Franziska einen wichtigen Hinweis geliefert: Da sie und Sascha bei der Arbeit an Legende Verloren zunehmend auch ein Archiv zur Historie des Fußballs der Frauen anlegen, wusste sie, dass Mutterschaft und Fußball in den 1970er und 80er Jahren nicht so ungewöhnlich gewesen ist. Erst mit den steigenden Ansprüchen wurde dieses Nebeneinander als Problem geframt.
„Marion Isbert war unter ihrem Mädchennamen Feiden bei der Länderspiel-Premiere am 10. November 1982, dem 5:1 gegen die Schweiz, dabei und gab bei der Weltmeisterschaft 1991 in China ihren Abschied, ‚natürlich von mir aus‘. Da war sie erst 27 und immernoch konkurrenzlos. Ohne ihr freiwilliges Ausscheiden und ihre Babypause hätte sie es auf beinahe so viele Einsätze wie Rekord-Nationalspielerin Silvia Neid bringen können.“
Quelle: Magazin DIEDA/Archiv Legende Verloren
Das Thema ist so erstens ein Beispiel dafür, wie eine zunehmende Professionalisierung in männlich dominierten Räumen für Frauen oftmals bedeutet, dass sie Dinge neu für sich erkämpfen müssen, die eigentlich schon mal da waren – und dafür ist der Fußball der Frauen innerhalb des DFB ohnehin ein Paradebeispiel. Der Hinweis und die folgende Korrektur im Ursprungsartikel sowie die Nacherzählung des Ganzen sind wiederum ein Beispiel dessen, wofür die BOLZTRIBÜNE stehen und was sie ermöglichen soll.
Die DFB-Regelungen in § 23 Nr. 10 DFB-Spielordnung (nationaler Vereinswechsel von Vertragsspielern) bzw. § 29 Nr. 7 DFB-Spielordnung (internationale Reamateurisierung) sowie § 30 Nr. 6. DFB-Spielordnung (internationaler Vereinswechsel von Berufsspielern) sind jeweils identisch und verweisen u. a. auf § 17 Nr. 2.2 DFB-Spielordnung. Demnach findet bei den genannten Sachverhalten die Regelung in § 17 Nr. 2.2 DFB-Spielordnung ebenfalls auf Vertragsspielerinnen Anwendung (sog. Rechtsfolgenverweisung).
DFB-Erläuterung zu der Anwendung der FIFA-Regeln im nationalen Recht
In der aktuellen Folge von Becker & Pfeiffer sprechen Annika und Mara in Sachen Schult zudem über die neuen Regeln der FIFA sowie deren Übertragung in nationales Recht durch den DFB, die es ermöglicht haben, innerhalb der Saison beim HSV einzusteigen. Diese gelten übrigens für Amateur- und Vertragsspielerinnen gleichermaßen. Die neue Folge, in der zur Sprache kommt, welche Paragraphen der DFB-Spielordnung dabei alles zu beachten sind, könnt ihr hier hören.
+++ UPDATE I vom 23.4. um 12.25 Uhr: In Sachen Spielberechtigung bleiben aktuell (doch) noch Fragen offen. Zwar ist die Spielordnung um die benannten Absätze aktualisiert worden, in § 17.3 steht allerdings nach wie vor:
§§ 16 Nr. 5. und 17 Nrn. 1. und 2. der DFB-Spielordnung gelten auch für Vereinswechsel außerhalb der Wechselperioden I und II . Nach dem Ende der Wechselperiode II bis zum Beginn der nachfolgenden Wechselperiode I kann jedoch keine Spielberechtigung für Pflichtspiele von Mannschaften einer Bundesspielklasse erteilt werden.
Was zurückführt zur ursprünglichen Anfrage an den DFB, inwiefern die SpO das für Bundesspielklassen regelt. +++
+++ UPDATE II vom 23.4. um 13.18 Uhr: Laut DFB-Chefjustiziar Jörg Englisch verhält es sich wie folgt: „Die ‚Ausnahme-Ausnahmeregelung‘ in § 17 Nr. Nr. 3 Satz 2 DFB-Spielordnung findet (…) nur bei einem nationalen Vereinswechsel von Amateurspieler/innen Anwendung. Zu beachten ist insoweit zunächst, dass in dieser Konstellation die Berufsfreiheit gem. Art. 12 GG nicht betroffen ist. Zudem sehen die Bestimmungen der FIFA einschränkende Regelungsmöglichkeiten zum Schutze des sportlichen Wettbewerbs ausdrücklich vor. Art. 6 Nr. 4 S. 1 RSTP besagt diesbezüglich:
‚Whenever allowing a registration outside a registration period, member associations shall pay due consideration to the sporting integrity of the relevant competition.‘
Von daher sind einschränkende Regelung wie in § 17 Nr. 3 Satz 2 DFB-Spielordnung nach dem FIFA-RSTP grundsätzlich möglich. Vor dem Hintergrund des Schutzbereichs des Art 12 GG findet die Regelung des § 17 Nr. 3 Satz 2 DFB-Spielordnung bei Vertragsspieler/innen jedoch keine Anwendung.“
Wenn aber die Regelung §17. Nr. 3 Satz 2 bei Vertragssspieler*innen keine Anwendung findet, müssten die dann bei Vertragslosigkeit nicht alle auch außerhalb der Wechselperioden in den Spielbetrieb zurückkehren dürfen? Wir entschlüsseln das Thema weiter und begleiten den Vorgang hier transparent. +++
Beitragsbild: IMAGO/Beautiful Sports