Revolutionär Wolfgang Frank: Viel mehr als der Mentor von Jürgen Klopp
Im „Verlag die Werkstatt“ ist mit der Biografie des ehemaligen Trainers und Bundesligaspielers Wolfgang Frank das Porträt des Mannes erschienen, der vor allem als Ziehvater von Jürgen Klopp bekannt ist. Autorin Mara Pfeiffer zeigt in ihrem Buch, das Frank viel mehr ist als das und zeichnet ein bewegtes Leben nach.
Wolfgang Frank war ein deutscher Fußballtrainer, der bei vielen Fußballfans nicht sehr bekannt ist, der aber für seine Art, mit seinen Spielern umzugehen, bekannt war – und der im Stillen den deutschen Fußball revolutioniert hat. Er hat nicht nur die Raumdeckung und das 4-4-2 in der Bundesliga mit eingeführt. Er veränderte auch den Umgang mit den Spielern und die Herangehensweise an das Spiel. Er führte Videoanalysen ein, die für seine Spieler und vielleicht auch für viele seiner Kollegen völlig neu waren.
Genie und Ungeduld als Spieler und Trainer
Sein größtes Manko jedoch war seine Ungeduld. Aber weil er eben seiner Zeit voraus war, wollte er Dinge, von denen die Vereine bis dato noch nichts gehört hatten. Das wurde schnell zu einem Problem, denn mitunter wurde es für die Vereine zu viel und auch die Spieler zogen nicht immer mit. Wolfgang Frank hat sie schlicht und einfach überfordert. Wenn dann der Erfolg ausblieb, war es auch ganz schnell wieder vorbei.
„Ich war ein ganz normaler Kicker. Sportstudent. Habe Fußball geliebt. Und aus dem Nichts heraus hat er mir die Augen geöffnet. Der Platz hat auf einmal ganz andere Maße gehabt.
Jürgen Klopp, Trainer Liverpool FC
Frank war besessen vom Fußball und machte sich viele Gedanken über das Spiel, so sein Kollege Ramon Berndroth (S.73), der hinzufügte, dass er es liebte, mit ihm über Taktik und die verschiedenen Systeme zu sprechen.
Allerdings sah er sich oft mit Vereinsvorständen konfrontiert, die keine Notwendigkeit für seine Methoden und seine Herangehensweise sahen – er musste sich den Rücken freihalten. Und wenn er das Gefühl hatte, dass der Verein ihn nicht mehr unterstützte, verließ er ihn; manchmal etwas zu früh und zu überstürzt, manchmal wegen Dingen, die für ihn nicht akzeptabel waren, wie zum Beispiel, dass der Vorstand ohne sein Wissen mit der Mannschaft sprach.
Er verlangte viel von seinen Spielern, wie vollen Einsatz für ihren Beruf, auch wenn sie nur in der dritten Liga spielten – die bis 2008 nur eine semiprofessionelle Liga war –, oder sogar noch darunter. Er führte sie in die Videoanalyse ein. Diese Sitzungen dauerten sehr lange, oft bis zu zwei Stunden, und die Spieler schliefen dabei oft ein.
Italiener Arrigo Sacchi als Vorbild
Seine Ideen stellten für die Spieler oft eine komplette Disruption ihres bisherigen Berufsverständnis und -alltags dar. Einige konnten nicht mehr folgen und fielen vom Wagen. Andere, die ihm folgten, sind im Fußball ziemlich bekannt geworden. Der größte Name unter den Spielern, die von Wolfgang Frank trainiert wurden, ist sicherlich Jürgen Klopp, der bei Mainz 05 unter Wolfgang Frank spielte und später dort selber Trainer wurde, bevor er Borussia Dortmund trainierte, wo er zur Legende wurde, als er 2011 und 2012 zwei Meistertitel, 2012 das Double gewann und 2013 das Champions-League-Finale erreichte. Klopp ist der Trainer, der für den Liverpool FC eine 30-jährige Durststrecke beendete und 2019 die Premier League gewann.
Ein weiterer ehemaliger Spieler von Frank, der Trainer wurde, ist Sandro Schwarz, der bislang unter anderem bei Hertha BSC arbeitete, sowie Uwe Stöver, der Sportdirektor bei Holstein Kiel ist.
Die Vorbilder für Wolfgang Frank waren Arrigo Sacchi und sein ehemaliger Trainer und Mentor Branco Zebec, der ihn beim VfB Stuttgart und Eintracht Braunschweig trainiert hat.
Mara Pfeiffer porträtiert in ihrem Buch einen Mann, der seiner Zeit voraus war, und zeigt, wie seine Versuche, Erfolg zu haben, durch die Umstände und seine Ungeduld behindert wurden. Dabei zitiert sie ausführlich, was ehemalige Mannschaftskameraden, Spieler und Kollegen über ihn sagten. Die beiden prominentesten sind Jürgen Klopp und der ehemalige deutsche Bundestrainer Joachim Löw. Während Ersterer ein gläubiger Jünger war, konfrontierte Letzterer Frank einmal, was mittelfristig dessen Zeit in Winterthur beendete. Löw gab später zu, dass er sich geirrt hatte, und bezeichnete sich selbst als glücklich, dass er die Chance hatte, sich dafür zu entschuldigen, als er später selbst Trainer war.
Es sind diese Zitate, Erinnerungen und Rückblicke, die dieses Buch zu einem absoluten Lesevergnügen machen, denn sie beleben die Geschichte eines Lebens, das vom Lauf der Fussballsaison diktiert wurde.
Beitragsbild: IMAGO/Rudel